Rolle Rückwärts


Das Jugendensemble des Theaters H2B geht mit Eva-Maria Blumentrath und Christian Holm in die zweite Runde! 9 junge SchauspielerInnen aus dem Projekt „Das Leben heute so (Folge 5475)“ sind dabei geblieben und 3 neue Jugendliche sind dazugestoßen. 


Inspiriert von diversen Buchtiteln, die da lauten: „Wer bin ich und wenn ja wieviele" oder „Wie sehr muss ich mich noch verstellen, um endlich authentisch rüberzukommen“ wurde erforscht, welche Rollen die Gesellschaft uns täglich abverlangt und was es heutzutage eigentlich bedeutet, man selbst zu sein.

 

Ich kann doch nicht immer die Rolle spielen, die ihr von mir sehen wollt!

Ich kann doch nicht immer allen gefallen!

Ich kann doch nicht nur leben, um in die Schule zu gehen!

Ich kann doch nicht automatisch Klavier spielen, nur weil meine Eltern es wollen!

Ich kann doch nicht immer so tun, als ob mir deine Frisur gefällt!

 

Im Leben, in der Gruppe, im Internet, als Tausch, als Zwang, als Spiel: Manchmal scheint das Leben nur aus einer Abfolge verschiedener Rollen zu bestehen. Muss das so sein? Und vor allem: Wird es immer so bleiben?


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"Da steht zum Beispiel ein Junge auf der Bühne, bei dem im Leben etwas schief gelaufen ist. Er versucht, die Ereignisse aufzuarbeiten, macht eine Rolle  rückwärts. Aber man kann auch wieder eine Rolle vorwärts machen – aus Fehlern für die Zukunft lernen“



Eindrücke zum Stück


Im Theater können sich Menschen im künstlerischen Handeln begegnen, das ist für mich das besondere daran. Es gibt nicht viele Künste, die einem diese Möglichkeit eröffnen, finde ich. Und vor allem: Nur echte Teamarbeit bringt gutes Theater zustande. Natürlich darf man auch ein bischen eitel sein und gern mal im Mittelpunkt stehen wollen, warum denn nicht? Das gehört auch dazu. Aber je mehr sich die Mitglieder eines Ensembles aufeinander einlassen und gegenseitig unterstützen, egal, wie sie ticken, woher sie kommen oder was sie an Fähigkeiten oder Bildung mitbringen, desto charmanter wird das Ergebnis. Und sogar in der trägen professionellen Theaterwelt kommt langsam die Erkenntnis an, das sich Inszenierungen mit Nicht-Profis voll auf der Höhe der Zeit befinden und oft sogar die interessanteren Ergebnisse auf die Bühne bringen.

Wer bei uns im Jugendensemble mitspielen will, muss sich keine Sorgen machen, besonders viel sogenanntes „Talent“ vorzeigen zu müssen. Erst die gesammelten Talente aller Mitwirkenden bringen ein künstlerisches Ergebnis zum Schwingen.

Irgendwo in deinem Bauch, Kopf oder Herzen sollte etwas vorhanden sein, dass dich zum Theaterspielen anspornt, eine Lust, eine Energie oder auch ein Gedanke, eine Idee. Wir brauchen von dir Zuverlässigkeit und eine gewisse Ernsthaftigkeit des Wollens. Dann sehen wir gemeinsam weiter.

Wir haben alle Geschichten zu erzählen. Wir müssen uns nur daran machen, sie gemeinsam aufzuspüren, indem wir uns selbst ernst nehmen und die Selbstzweifel, die uns vielleicht eingeredet wurden, in die Ecke stellen (schäm dich!). Viel zu oft wird einem in unserer Leistungsgesellschaft mitgeteilt, was man alles nicht ist oder nicht kann. In der Schule, in der Werbung, überall. Bei uns ganz sicher nicht.

Theater bedeutet Gemeinschaft, angewandte Phantasie, das Entdecken der eigenen Möglichkeiten im kreativen Spielen und noch vieles, vieles mehr - und hat (zum Glück!) nur indirekt mit Leistung zu tun. Genau das macht es für mich zu einer Quelle, aus der Ansätze für eine bessere und angenehmere Gesellschaft hervorsprudeln können. Und der Rest? Der Rest ist Spaß!

  Christian Holm